Overlanding nach Nepal – Teil III

Namaste Indien.

Indien – wir hatten es mit Sveni, unserem unverwüstlichen Camper, nun tatsächlich nach Indien geschafft und auf einen Schlag schien alles nochmals bunter als zuvor. Bunter und der Verkehr schrecklicher als alles, was wir bis dahin erlebt hatten!  

Wer hatte denn bitte dafür gesorgt, dass plötzlich ganz Indien auf vier Rädern unterwegs war??? Chaos pur. Was für eine Begrüssung! 

Mit dem Camper nach Indien
Mit dem Camper nach Indien
Laster in Indien
Bus in Indien
Bus in Indien

Im Norden ist es bestimmt ruhiger

Amritsar hatte uns das Weiterfahren nicht schwer gemacht. Laut, schmutzig und ein Verkehr zum Davonlaufen. Der Norden Indiens klang irgendwie mehr nach unserem Geschmack. Man musste sich erstmal langsam an das Treiben hier gewöhnen.  

Die ersten Kilometer sorgten für die nächste emotionale Achterbahn: auch wenn Nepal unser erklärtes Ziel war, war das Überqueren der Grenze von Pakistan nach Indien für uns unbeschreiblich. We made it! Wir hatten uns wie DIE Helden der Camper, der Overlander, aller Langzeitreisenden gefühlt.

…und wir (hauptsächlich ich) hatten panische Angst, dass uns einer dieser lebensmüden Inder (oder einfach nur gutgläubiger Hindus) mit in den sicheren Tod im Straßenverkehr reißen würde. Urvertrauen ist etwas Schönes, aber hatte für unseren Geschmack beim Autofahren schlichtweg nichts verloren – unsere indischen Mitstreiter auf den Straßen sahen das anders und extrem gelassen. 

Irgendwann würden wir uns sicher daran gewöhnen *seufz*.

Kathmandu Nepal Scouts
Kathmandu Nepal Scouts

Say Hi to His Holiness the Dalai Lama 

Wir fuhren durch kleine Bergdörfer und konnten irgendwann soweit entspannen, dass wir auch die Landschaften und alles, was um uns passierte, genießen konnten. Wir atmeten durch, machten unsere ersten Erfahrungen beim Obst- und Gemüsekauf an irgendwelchen Ständchen am Strassenrand, konnten eine typische Hochzeit im Bollywood-Stil beobachten und kamen langsam in Indien an. Plätze zum Übernachten fanden wir relativ einfach, genossen dabei die (zurück) gewonnene Freiheit, uns wieder dort ein Übernachtungsplätzchen zu suchen, wo wir wollten und nicht, wo uns die Polizeieskorte hin navigierte.

Irgendwann fuhren wir durch Dharamsala und fanden uns kurz darauf in McLeod Ganj, dem Exilsitz des Dalai Lama, ein. Ein kleines Städtchen, das einen Willkommen hieß und sich ein Bisschen nach Heile Welt anfühlte.

Bye Bye Dachträger 

Auf der Suche nach einem (Park)Platz für die nächsten Tage kämpften wir uns mit Sveni durch McLeod Ganj. Ein blöder Fehler, wie sich nach kurzer Zeit rausstellte. 

Die Sträßchen wurden immer enger und die Stromkabel zwischen den Gebäuden hingen immer tiefer. Von Gehupe und ungeduldigen Moped-Fahrern unbeeindruckt, suchten wir langsam und vorsichtig unseren Weg aus dem Strassengewirr raus – bis es plötzlich einen ziemlich fiesen Ruck, gefolgt von einem recht lauten Krachen, gab. 

Wir sprangen aus dem Camper und blickten nach oben: Oh shit! Unsere Box auf dem Dachträger samt hinterem Teil des Dachträgers waren verdächtig weit nach hinten gebogen, dazu ein dickes, schwarzes Stromkabel, das einmal gerissen war und links und rechts davon in der Luft baumelte. 

Wir hatten mit der Box auf Sveni’s Dach bei einem Stromkabel eingefädelt und das war nicht einfach nur gerissen, nein, davor hatte es noch so lange Widerstand geleistet, bis die Box samt Teil des Dachträgers nachgegeben hatten. Das war ja mal richtig Kacke. 

Gebrochener Dachgepäckträger auf Sveni
Gebrochener Dachgepäckträger auf Sveni
Schweisser Dharamsala
Schweisser Dharamsala

Es gibt jene und solche 

Unfreiwillig durften wir in dieser Situation erleben, welche zwei Typen von Indern uns für unsere Zeit in Indien zukünftig begleiten sollten: 

Typ 1: „they make you pay for everything“ – eine Aussage, die wir von allen Overlandern zu hören bekamen, die wir unterwegs treffen durften. Sobald es um Geld ging, bzw. es absehbar war, dass man Geld irgendwo rausschlagen könnte, wurde kein Gedanke mehr an Karma & Co verschwendet. Dann waren nur noch Dollar-, bzw. Rupees-Zeichen in deren Augen zu sehen! 

Wir steckten mitten in McLeod Ganj fest, hinter uns staute es sich langsam und die ersten, die zu uns kamen und fragten, ob sie helfen könnten, wollten einfach nur Geld haben. Unser beider Stresslevel stiegt entsprechend kontinuierlich und exponentiell an. 

Zum Glück gab es aber auch noch den zweiten Typ Inder, der nicht lange auf sich warten ließ.

Typ 2 – was ein Geschenk

Typ 2: super sympathisch, zuvorkommend, hilfsbereit, offen, zupackend und extrem witzig. Kurz nicht aufgepasst und wir hatten einen Helfer auf Sveni’s Dach, der zusammen mit Micha Dachträger und Box wieder in ihre ursprüngliche Position brachte und uns den Weg zum nächsten Schweißer in Dharamsala zeigte. 

Auf unsere Frage, wie wir uns bei ihm bedankten konnten, lud er uns zu sich zum Tee ein. Er wollte nichts, hatte es für selbstverständlich empfunden, uns zu helfen und freute sich einfach nur, dass er danach mit uns ein wenig sein Englisch üben konnte. 

Diese Begegnung machte wieder etwas Mut und schürte die Vorfreude auf was da noch auf uns wartete.

Einmal durchatmen 

Die Jungs in der Schweißerbude machten einen tollen Job, wir hatten eine lustige Zeit mit ihnen und die Verstärkungen am Dachträger sollten locker für die restliche Reise halten.

In McLeod Ganj zurück, bezogen wir Lager auf einem Parkplatz, der kurz vor Ortsanfang auf der Bauruine (?) eines Hauses eingerichtet war. Die nächsten Tage wollten wir Urlaub machen … 🙂 

Wir ließen uns treiben, tranken Kaffee, beantworteten alle Emails in einem Internetcafé und freuten uns über regelmäßigen Besuch von Reisenden aus aller Welt an unserem Camper, die wegen des deutschen Kennzeichens auf uns aufmerksam wurden. Es waren ein paar herrliche Tage. Es fühlte sich alles so gut und so richtig an. Life was fantastic! 🙂 🙂 🙂 Pizza Pizza …

Irgendwann wollten wir weiter. Nach Mandi, Shimla und Dehradun gab es erstmals, seit wir unterwegs waren, für Micha eine echte Domino’s Pizza – mein Mann im Glück! 🙂 

Nach unzähligen weiteren kleinen Städtchen erreichten wir Rishikesh, the World Capitol of Yoga. In Rishikesh hatten wir nicht nur erste Berührungspunkte mit den unzähligen Suchenden, die es Jahr für Jahr nach Indien verschlägt, sonder auch mit dem Ganges. Mächtig, beeindruckend und ein wichtiger Bestandteil des indischen Lebens. 

Im Anschluss an Rishikesh statteten wir auch noch Haridwar einen ausgiebigen Besuch ab. Im Nachhinein betrachtet sind wir uns jetzt nicht sicher, ob in Rishikesh oder Haridwar die schrägeren Vögel unterwegs waren. Faszinierend zu beobachten, indischer konnte es nun wirklich nicht mehr werden 🙂

Last stop before Nepal

In Nainital, einem entzückenden Dorf mit See im Himalaya, hatten wir den ersten längeren Austausch mit einer Overlanderin: eine Französin, die mit Hund und kleinem LKW und selbstausgebauter Kabine inzwischen wieder auf dem Rückweg nach Frankreich war. Von ihr bekamen wir auch einen Tipp, wo wir in Nepal den ersten größeren Stop einlegen würden.

Von Nainital aus machten wir uns gemütlich „bergab“ auf den Weg nach Banbasa, wo wir über die Grenze nach Nepal wollten.

Namaste Nepal.

Abgesehen von ein paar weiteren Schrammen an Sveni, war der Grenzwechsel von Indien nach Nepal beinahe so unspektakulär wie in Europa. Einzig die Tatsache, dass wir ein Visum brauchten (Visa upon arrival für 90 Tage) und unser Carnet für den tapfersten Camper auf dem Planeten abgestempelt bekommen mussten, machte es einem bewusst, dass wir tatsächlich wieder von einem Land ins nächste reisen würden.

Eigentlich war das Wie für uns eh zweitrangig. Selbst eine stundenlange Aus- und Einreiseprozedur hätte uns an diesem Meilenstein unseres overlanding Trips nicht aus dem Feiermodus bringen können: Wir waren in Nepal!!! Nach ungefähr drei Monaten on the road hatten wir unser erklärtes Ziel erreicht. Party!!! Olé! Olé!

Bardia National Park

Zum Ankommen suchten wir uns ein Plätzchen irgendwo im nirgendwo. Die Nepalesen machten äußerlich für uns erstmal keinen großen Unterschied zu den Indern, erlebten sie aber direkt als nochmals freundlicher und auch etwas zurückhaltender als die Inder, mit denen wir Kontakt hatten. Wir fühlten uns direkt pudelwohl.

Wir fuhren durch das Terai, der südliche Gürtel Nepals. Was uns zuvor nicht bewußt war, dass Nepal nicht nur aus Bergen besteht, sondern dieser südliche Gürtel auf Meeresspiegelniveau liegt und man somit beinahe tropische Verhältnisse vorfindet.

Den Tipp von unserer französischen Overlanderin aus Nainital befolgend, besuchten wir den Bardia National Park und parkten Sveni am Racy Shade Resort. Was für ein traumhaftes Stückchen Erde!!! Wir konnten im Fluss Wasserbüffeln beim Baden beobachten, uns mit anderen Overlandern, die sich neben uns gesellten, Erfahrungen und Routen austauschen und mit den Mitarbeitern/Besitzer des Racy Shade Resort eine sensationell gute Zeit haben.

Heia Safari

Highlight unserer Zeit im Bardia National Park war eine Safari. In Nepal gibt es Tiger und genau die wollten wir sehen. Mit Schlauchboot ließen wir uns auf dem Karnali River treiben. Begleitet wurden wir von Unmengen an Vögeln (u.a. Kingfisher und Saruskraniche), Zackenhirschen und Affen. 

Nach einiger Zeit auf dem Fluss machten wir Pause an Land – immer ein Ohr auf die Geräusche ringsum. Immer in der Hoffnung, dass ein Tiger zumindest Laut geben würde. Zu hören bekamen wir dann auch tatsächlich einen Tiger, aber zeigen wollte er sich leider nicht. 

Zu Fuss suchten wir uns einen Weg zu einem Ausblick. Auf dem Weg dorthin wurden unsere Führer plötzlich ganz aufgeregt: keine 50 m von uns entfernt tauchte ein ausgewachsener Elefantenbulle auf. Was ein Anblick! Unser erster Elefant in freier Wildbahn … 🙂

Tiger und Nashorn bekamen wir an diesem Tag nicht vor die Linse, aber zum Abschluss zeigte sich noch ein Ganges-Gavial, der sich nur unweit von einer kleinen Gruppe von nepalesischen Fischerinnen an einer Sandbank sonnte. 

Für uns ein wunderschöner Tag, der nochmals mehr die Vielfältigkeit Nepals zeigte.

Elefant in freier Wildbahn
Elefant in freier Wildbahn
Elefant im Bardia NP Nepal
Elefant im Bardia NP Nepal
Elefant mit Reiter
Elefant mit Reiter

Des Nepali liebstes Hobby

Unsere Hummeln im Hintern trieben uns weiter. Knapp 600 km trennten uns von Kathmandu. Um diese 600 km zurück legen zu können, brauchte es mal wieder Diesel. Seit dem Iran eigentlich kein grosses Drama mehr, würden die Nepali nicht in regelmäßigen Abständen wegen allem in Generalstreik treten. 

Neben ausgebrannten Karosserien, die roadblocks darstellen wollten, kämpften wir uns langsam Richtung Kathmandu. An jeder Tankstelle hielten wir an und fragten nach Diesel. Die ersten schickten uns direkt weiter – sie waren am streiken. 

Irgendwann hatten wir dann aber Glück, bzw. den Touri-Bonus, der uns für ein kleines Trinkgeld oben drauf, einen vollen Tank bescherte. Die Jungs an der Tanke hatten danach sicherlich Ärger mit den drumrum Stehenden, aber in dem Moment war ihnen das Geld wichtiger. 

Das Thema Generalstreik sollte uns noch während unserer kompletten Zeit in Nepal in regelmäßigen Abständen begleiten.

Kathmandu

Von Null auf 1.400 Höhenmeter – das brachte die Strecke nach Kathmandu auch noch mit sich. Dank diverser Strassensperren und einiger mitten auf der Strasse liegengebliebener LKWs mussten wir einen Umweg über Lumbini, der Geburtsstadt von Buddha, in Kauf nehmen. Dieser Umweg sorgte dafür, dass wir zwei slowenische Radler trafen, mit denen wir uns länger unterhielten. Hardcore! Mit dem Fahrrad von Slowenien nach Nepal. Krasse Sache.

Irgendwann wollte Sveni’s Bremse nicht mehr so richtig, wir mussten uns irgendwo die Bremsleitung angeditscht haben. In einer „Werkstatt“ (open air, ein Graben in Boden gebuddelt, dass man mit dem Fahrzeug einfach nur drüber fahren/stehen kann) wurde die Bremsleitung fachmännisch wieder zusammengeschustert. 

Und dann zeigte sich Kathmandu. Langsam quälten wir uns durch den schier nicht enden wollenden Verkehr durch die Vorläufer der Hauptstadt Nepals, dann mitten durch das Zentrum, bis wir im Hof der Nepal Scouts ankamen und uns zu weiteren Overlandern gesellten.

Beste Zeit

Nachdem wir nun Wochen in beschaulichen Gegenden unterwegs waren, erschlug uns die Größe und Menschenmengen von Kathmandu regelrecht. Trotzdem freuten wir uns, hier zu sein. 

Es gab in Kathmandu tatsächlich sowas wie einen Supermarkt, ca. 5 min zu Fuß von unserem „campground“ befand sich ein Illy-Café, das neben leckerem Kaffee auch ganz passables Wifi anbot und unser campground füllte sich binnen der nächsten Tage mit Overlandern aus ganz Europa.

Der Platz in Kathmandu war nichts besonderes, aber wir hatten eine sensationelle Zeit. Die Tage vergingen wie im Flug. Der Gesprächsstoff mit den anderen schien nie auszugehen. Egal, ob man sich tagsüber mit nur ein oder zwei zusammensetzte und redete, abends gab es ein großes Lagerfeuer und alle vom Platz setzten sich dazu. 

Teilweise verschwand mal ein Fahrzeug für ein paar Tage, mehrheitlich konnten wir alle uns aber irgendwie nicht trennen und so wurde es relativ schnell zum running gag – Morgen fahren wir weiter! 

Nollywood

Wir unternahmen auch einen Ausreiß-/Abreiseversuch: mit Mandy und Steffen, die in einem alten Benz unterwegs waren und Hank, einem Holländer, der stilecht mit Defender und Dachzelt on tour war. Wir starteten mit drei Fahrzeugen und nach der ersten Nacht waren es dann nur noch Mandy, Steffen und wir beide. 

In Nagarkot, das auf über 2000 m liegt und gerade noch zum Kathmandu Valley gehört,  genossen wir nicht nur die deutlich bessere Luft als in Kathmandu, wir hatten dort oben ein traumhaftes Plätzchen mit Blick über Reisfelder und hin und wieder tatsächlich auf den Himalaya. 

Um das Ganze noch zu krönen, durften wir der nepalesischen Bollywood Industrie (in Nepal heißt das dann tatsächlich Nollywood) bei ihrer Arbeit zuschauen und zum Ende des Tages die beiden Hauptdarsteller des nächsten Blockbusters in unserem rollenden Zuhause begrüssen. VIP, baby!

Tage später fuhren wir wieder zurück nach Kathmandu.

Pokhara

Es war wirklich ein harter Kampf, uns von all den so schnell liebgewonnenen Menschen zu trennen. Aber wir schafften es und setzten Kurs auf Pokhara.

Idylle pur erwartete uns dort. Etwas außerhalb von Pokhara, in Pame Bazar, inmitten von Reisfeldern, fanden wir unser neues „Zuhause“ für die nächsten Tage und Wochen. 

Klasse, wir mussten uns erst gar nicht groß umgewöhnen: die ersten Overlander standen bereits dort und die nächsten, teils bestens bekannt aus Kathmandu, kamen in den darauf folgenden Tagen auch langsam eingetrudelt. Quasi same thing, different location. 

Mit dem Mofa

Um zum Einkaufen zu kommen, brauchte man zu Fuß locker 1.5h für eine Strecke, deshalb entschieden wir uns dafür, uns für die Zeit hier in Pokhara ein kleines Moped zu leihen. So weit, so gut. 

Nachdem wir aber kurz darauf zusehen durften, wie Strassenbau auf nepalesisch funktioniert, war ich nicht mehr so ganz von der Idee angetan.  Die Strecke von Pokhara Lakeside nach Pame Bazar war ein etwas breiterer Feldweg, auf dem neben Mopeds, eigentlich nur kleinere Traktoren und zweimal am Tag ein Bus unterwegs waren. 

Anscheinend zu glattgebügelt, fuhr eines morgens ein LKW vollgeladen mit Steinen in allen erdenklichen Größen diesen Weg entlang und kippte langsam, aber kontinuierlich diese Steine auf den Weg. Nach getaner Arbeit fuhr er wieder zurück nach Lakeside und wir fanden eine der übelsten Schotterpisten überhaupt vor. Die Steine sollten über die Zeit von den Traktoren und Bussen langsam platt gefahren werden. Holy shit.

Nee, da fahr ich selbst nicht drüber… Und ungern hinten drauf. Also ließ ich Micha erstmal alleine fahren, ich fand das äußerst suspekt. 

Bis es mich dann doch irgendwie packte und ich mich todesmutig alleine auf Fury setzte und losfuhr. Es hatte nicht lange gedauert und ich ertappte mich dabei, wie ich mit einem fetten Grinsen im Gesicht wie der Crosser vorm Herrn auf dem Moped stehend über die Steine pollterte. Geiler Scheiß! 

Also wieder zurück zum campground, Micha aufgeladen und ab da gab es kein Halten mehr. Nach dieser Strecke konnte eigentlich nur noch die Rallye Dakar eine ernsthafte Herausforderung darstellen 😀

Time flies.

Wir hatten ein 90-Tage-Visum für Nepal und das neigte sich langsam aber sicher dem Ende. Es half alles nichts. Wir mussten unsere Oase am Rande der Annapurna Range verlassen und erstmal wieder nach Kathmandu, um neue Visa für Indien zu beantragen.

In Kathmandu trafen wir neue und alt-bekannte auf unserem campground und auch wenn Pokhara so viel schöner war, es fühlte sich trotzdem gut an, wieder hier zu sein.

Visa für Indien waren zügig beantragt und auch genehmigt, auch wenn der Mitarbeiter der Visa-Stelle ein wirklich unsympathisches Frettchen war. Manchen Menschen tut selbst das kleinste Bisschen Macht, das ihnen zugeteilt wird, nicht gut. Ich riss mich zusammen, schluckte bestmöglich meinen Ärger und wir planten unsere Weiter-, bzw. Rückreise.

Ab nach Delhi

Ein paar letzte Tage verbrachten wir nochmal in Pokhara, wir konnten uns nur so schwer davon trennen, dann traten wir unsere Weiter- und somit auch unsere Rückreise an. Nach genau 90 Tagen verließen wir am letzten Tag der Gültigkeit unserer Visa Nepal.

Über Varanasi, Faizabad und Lucknow erreichten wir im Hochsommer New Delhi. Absolut untypisch für Indien entdeckten wir am Rand des Botschaftenviertels einen sauberen und bestens gepflegten Park, in dem wir Quartier bezogen. 

Summer in the city

Seit wir das Hochland Nepals verlassen hatten, wurde es kontinuierlich heißer. Mit offenem Fenster fahren war gleichbedeutend mit es hält dir einer einen Föhn von draußen ins Fenster – in da face. 

Es war brütend heiß in Delhi. Uns lief die Brühe beim nichts tun. Nachts im Bett, mit allen Fenstern geöffnet, die sich auch nur irgendwie öffnen ließen, das selbe – du konntest förmlich spüren, wie dir der Schweiß lief. Es ging nicht der Hauch eines Lüftchens.

Zum Tee beim Botschafter

Allein zum Spass waren wir nicht nach Delhi gefahren, wir mussten auf die pakistanische Botschaft, um das nächste Visum zu beantragen. 

Tapfer ging es an einem Morgen früh los, um uns an der Visa-Stelle einzureihen. Mit den Formularen setzten wir uns zu einem der unzähligen Schreiber (mit mechanischer Schreibmaschine von 18 vorm Krieg) und bezahlten ein paar Rupees, dass uns die Formulare mit Schreibmaschine ausgefüllt wurden. So ein persönlicher Sekretär ist schon was feines 🙂

Die korrekt befüllten Formulare gaben wir ab und erfuhren dann, dass wir tags drauf zum persönlichen Interview in die Botschaft kommen sollten. 

Am nächsten morgen standen wir pünktlich auf die Minute vor der pakistanischen Botschaft. Wir wurden hereingebeten und durften erstmal im großen Eingangsbereich Platz nehmen. Immerhin war es relativ kühl da drin.

Zuerst wurde Micha zum Interview abgeholt, danach kam ich dran. Die Gespräche dauerten jeweils keine 10 min und ließen die Vermutung aufkommen, dass der Botschaftsmitarbeiter sich nur mal wieder mit Ausländern unterhalten wollte. Zum Schluß hielten wir unsere Reisepässe samt Visa für Pakistan wieder in Händen und das war für uns das wichtigste. 

Mitdenken ist Glücksache

Aus Delhi raus, überraschte uns der indische Straßenbau mit einem längeren Stück perfekt geteerter Strasse. So etwas hatten wir das letzte mal im Iran gesehen und befahren. Es hätte so eine tolle, entspannte Fahrt nach Amritsar sein können. Hätte. 

Ein kurzer Exkurs in indische Überholmanöver: das Fahrzeug vor mir ist zu langsam, also zieh ich ohne einen Gedanken rechts raus und geb Gas. Kommt mir ein Fahrzeug entgegen, zieh ich einfach wieder – weiterhin ohne jeglichen Gedanken zu verschwenden – links rüber. Was links neben mir ist, muss halt ausweichen oder so…

Diese Überholtaktik war uns ja zwischenzeitlich wohl bekannt und wo es möglich war, hatten wir auch gerne Platz gemacht. Völlig überraschend, dass das nicht immer und überall möglich war. 

So hatten wir also innerhalb kürzester Zeit drei PKWs, die während ihrer jeweiligen Überholmanöver abbrechen mussten und für etwas mehr Farbe an Sveni’s Kotflügel sorgten. Die drei PKWs sahen deutlich mitgenommener aus, da war jeweils ordentlich viel Blech verbogen. 

Mrs. Bandhari’s Guesthouse

Leicht entnervt, aber eben glücklicherweise nur mit ein paar Lackkratzern erreichten wir Amritsar. Dieses Mal ließen wir uns von dem Gewusel nicht entmutigen, wir waren ja zwischenzeitlich Indien-Pros und suchten Unterschlupf in Mrs. Bandhari’s Guesthouse. Ein herrliches Haus mit riesigem Garten, der immer ausreichend Platz für Overlander und deren Camper bietet. 

Es war immer noch tierisch heiß, aber was noch ein besonderes Highlight bei Mrs. Bandhari war, war ein Pool. Oh yes! Abends zur Dämmerung sprangen wir genau dort rein und wurden von Fledermäusen umflogen, die vorbei kamen, um aus dem Pool zu trinken. Wie cool war das denn bitte!?

Nächster Halt Islamabad 

Nach ein paar entspannten Tagen in Amritsar, wo wir auch wieder ausreichend Gelegenheiten hatten, mit anderen Overlandern zu ratschen, machten wir uns auf den Weg nach Pakistan. Wir mussten auf jeden Fall nach Islamabad, um dort unsere Visa für den Iran zu beantragen.

Die Fahrt nach Islamabad war recht unspektakulär, keine großen Kontrollen, keine Eskorte und relativ gute Strassen. 

In Islamabad, ähnlich wie in New Delhi, landeten wir in der Embassy Enclave. Im Gegensatz zu Indien, gab es hier aber ein Gelände, das nur für ausländische Touristen als campground genutzt wurde. Man hatte de facto gar keine andere Möglichkeit, als dort Lager zu beziehen. Das komplette Gelände war umzäunt und von der Armee wurden wir bewacht.

Unsere Mitbewohner

Auch in Islamabad waren wir nicht die einzigen Overlander. Zu unserer extrem großen Freude trafen wir wieder auf Agnes und Thade, ein älteres Ehepaar aus Bayern, die mit einem ganz klassischen Wohnmobil zu diesem Zeitpunkt über ein Jahr bereits in Indien unterwegs waren und nun auch langsam dem Rückweg angetreten hatten. Die beiden hatten wir in Pokhara kennengelernt. 

Neben einem weiteren Paar aus Deutschland, die mit einem alten 911 Rundhauber unterwegs waren, hatten wir ein jüngeres Pärchen aus UK, bzw. Down Under, die einen Toyota Landcruiser ihr Zuhause nannten, als unsere Nachbarn. Daneben gab es dann noch ein deutsch-thailändisches Gespann, die mit einem Motorrad zusammen reiste. 

Zu guter Letzt lernten wir ein jüngeres Paar aus Dänemark kennen, die in Pakistan gestrandet waren. Sie waren mit einem nagelneuen Defender (Puma) gestartet und kurz nach pakistanischer Grenze mit Motorschaden liegen geblieben. Als wir in Islamabad ankamen, hatte nach über sechs Wochen quälender Warterei der neue Motor wenigstens schon mal seinen Weg nach Karachi gefunden.

Wohnmobil in Pakistan

Einmal Visa bitte

In Islamabad war es mindestens genauso kochend heiß wie in Delhi, aber die durch und durch spannende Gesellschaft machte es trotzdem etwas erträglicher. 

Wir kümmerten uns um unsere Visa für den Iran, durften deshalb auch der deutschen Botschaft in Islamabad einen Besuch abstatten, um nach einem Letter of Recommendation für unsere Visa-Anträge zu fragen. 

Mit der Bearbeitungsdauer unserer Visa-Anträge stellten wir auf dem campground einen neuen Rekord auf. Innerhalb von fünf Tagen hatten wir unsere Visa genehmigt. Andere Reisende warteten zu diesem Zeitpunkt bereits über zwei Wochen auf ihre Visa. Irgendwie musste der Botschaftsmitarbeiter uns gemocht haben … 🙂

Let’s hit the road

Mit Agnes und Thade vereinbarten wir, dass wir zusammen durch Pakistan und den Iran fahren würden. Wir genossen die Gesellschaft der beiden wirklich sehr und für die beiden war es auch eine schöne Abwechslung.

Die Hoffnung, dass wir bis Quetta ohne Polizeieskorte reisen könnten, mussten wir leider deutlich früher begraben, als uns lieb war. Da wir aber zu zweit unterwegs waren, konnten wir etwas besser Tempo und Stops vorgeben. Thade war in einigen Situationen nochmal sturer als wir – es war teilweise ein wahres Fest, das zu beobachten … 🙂 

Es ist immer noch brütend heiß

Wir waren etwas hin und her gerissen – auf der einen Seite war es irgendwie gut, wieder unterwegs zu sein, auf der anderen Seite war uns aber bewusst, dass die Zeit mit all diesen tollen Menschen, die wir unterwegs kennenlernen durften, langsam ein Ende nahm. 

Da es aber durch Pakistan so dermaßen heiß war, fehlte uns glücklicherweise die Energie uns zu sehr diesen Gedanken nachhängen zu lassen. Sollte übrigens Interesse an einer hard-core Abspeck-Tour sein, gerne melden – wir können da mit astreinen Erfahrungen aus erster Hand dienen! 

Weiter geht’s

Kilometer für Kilometer fuhren wir durch Pakistan, hatten teilweise lustige, teilweise haarsträubende Gespräche mit Einheimischen und versuchten uns bestmöglich alles einzuprägen, was wir hier sehen und erleben durften.

Im Iran hofften wir auf noch entspannteres Fahren, mussten aber direkt nach der Grenze feststellen, dass wir hier dieses Mal auch nicht so easy weiter kommen würden.

Da der Drogenschmuggel mit all den bösen Buben, die so ein Geschäft mit sich bringen, in dieser Ecke extrem florierte, wollten uns die Iraner nicht ohne Eskorte bis nach Zahedan fahren lassen.

Seh ich jetzt irgendwie nicht ein

Mit Händen und Füssen versuchten wir den Polizisten klar zu machen, dass wir ohne deren Hilfe bestens zurecht kommen würden. Wir waren ja immerhin mit zwei Fahrzeugen unterwegs und die Iraner sind doch so ein wunderbares, gastfreundliches Volk. Ist doch alles überhaupt nicht notwendig. Wir fahren dann mal weiter! Danke. Tschüss.

Wir wollten gerade losfahren, also die armen Kerle vor lauter Verzweiflung eine Nagelkette vor Sveni zogen. Sie wollten uns tatsächlich nicht ohne Eskorte fahren lassen.

Mir platzte echt der Kragen: in meinem allerfeinsten Schulenglisch verfluchte und beschimpfte ich den armen Kerl, der die „Verhandlungen“ mit uns führen sollte. 

Im Nachhinein weiß ich, dass das blöd war. Hätte er etwas mehr Rückgrat gehabt, hätte er sich das niemals gefallen lassen und wäre insgesamt sicher am längeren Hebel gesessen und außerdem tat er ja wirklich nur seinen Job. War mir in dem Moment nur echt Schnuppe. 

Bei Agnes und Thade stieg unsere Eskorte in Form eines vermutlich 18-jährigen Praktikanten in Uniform ein. In Zahedan stieg er aus und wir waren wieder frei 🙂

It’s been a pleasure

Nach diesem wirklich untypischen Start zurück im Iran, war die restliche Zeit wie gewohnt gefüllt von tollen Landschaften und unsagbar freundlichen, offen und herzlichen Menschen. Wir kommen irgendwann definitiv wieder zurück!

In der Türkei trennten sich dann Agnes und Thade’s und unsere Wege. Die beiden fuhren weiter nach Beirut, um dort ihre Tochter samt Familie zu besuchen. Es war ein trauriger Moment. Ab jetzt waren wir wieder komplett alleine und kein Overlander weit und breit in Sicht.

Und das war es dann auch

Europa – und somit ganz bald auch Deutschland – hatte uns wieder. Es war ein gutes Gefühl, gepaart mit ordentlich Wehmut. Teilweise trieb es uns nun vollends zurück nach Stuttgart, teilweise wollten wir kaum weiter fahren. 

Wir hatten so ziemlich die geilste Zeit überhaupt erleben dürfen. Sveni, der tapferste Camper auf der Welt, hatte uns mit

  • einer gebrochenen Kupplungsaufhängung
  • 2 platten Reifen
  • einem verdreckten Dieselfilter (Sveni hatte zwei) und
  • nicht mehr 100% funktionierender Bremsen 

von Esslingen am Neckar nach Nepal und wieder zurück gebracht: 26.307 weite Kilometer.

Selbst über 10 Jahre danach zehren wir immer noch von dieser Tour. Es braucht dafür keine riesen Highlights, es waren vielmehr die kleinen Momente und Begegnungen, die sich auf immer und ewig in unsere Köpfe und vor allem in unsere Herzen gebrannt haben. 

Und ja, wir würden es sofort wieder tun… Und hoffen darauf, dass es nicht nochmal 10 Jahre dauert, bis es wieder auf Tour geht…

McLeod Ganj Indien
McLeod Ganj
Indien
Haridwar
Strassenbau in Indien
Nepal

Autorin: Daniela Kirsten

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