Vom Reiskocher aus Japan zum Reis(e)Scrambler für die Heckgarage des Wohnmobils.
Warum gerade eine Yamaha Sr 125?
Für mich gab es zwei Gründe für die Yamaha Sr 125.
Erstens – ich konnte eine zwanzig Jahre alte Yamaha Sr 125 mit originalen, nachweisbaren 900 Kilometern finden. Noch dazu im unglaublich schönen Zustand. Feinste Garagenware, kein Gammel, keine Schrammen. Musste ich kaufen.
Sicher werden mich auch die echten Fanatiker, für das, nennen wir es mal, „Entrücken“ vom Original, steinigen. Jungs kommt! Der originale Softchopper war doch immer schon die eher hässliche Ente unter den Bikes. Ich denke, die Seele der 125er findet den Umbau schon ganz ok.
Zweitens – ich brauchte eine leichte, vor allem kurze Maschine, die nicht zu hoch baut.
Eine Simson S51 wäre auch eine Alternative gewesen …
In der DDR groß geworden, hatte ich natürlich eine „Simme“. Ich glaub‘ das war auch der Start für mein Schraubergame. So lag es nah, noch mal eine S51 oder ein Simson S50 zu holen. Aber das geht nun wirklich auf keine Kuhhaut. Die Preise für die Ostveteranen sind durch die Decke geschossen. Einfach weil sie aktuell richtig kulten.
Weiter punktet die Sr mit etwas mehr Leistung, einer Scheibenbremse und für das Fahren zu zweit performt sie einfach besser. So war die Yamaha Sr 125 „meine“ Alternative zum Simson S51.
Also ein kleines, leichtes Motorrad für das Wohnmobil.
Denn die Hymer MLT-Garage kommt mit ca. 205 Zentimetern Breite und einem 120 Zentimetern hohen Garagentor. Genau dort sollte der ehemalige Softchopper, während der Reise, parken. Das macht die Sr 125 hervorragend. Etwas über hundert Kilo schwer, 110 Zentimeter hoch und mit 198 Zentimeter auch keine zwei Meter lang. Und Diät hat sie beim Umbau sicher auch noch gemacht.
Ein dritter Grund war noch, dass es eine Maschine – besser ein Maschinchen – sein musste, die eine Sozia aufnimmt.
So ganz nebenbei.
Ein echtes Motorrad ist die Sr 125 nun wirklich nicht. Eher ein „Kleinkraftrad“. So zumindest für die Zulassungsbezeichnung in Deutschland. Hat zur Folge, dass du es ab 16 Jahren fahren darfst und auch keine Steuern anfallen. Versicherung zahle ich, um die 65 EUR im Jahr.
Ok, dann also „mein Kleinkraftrad“, statt dem „Motorrad“ für die Heckgarage des Wohnmobils … Viel mehr lässt sich auch die technisch zulässige Gesamtmasse, der Achse zwei, vom Hymer MLT, nicht gefallen.
Der Scrambler-Umbau
Gleich vorab – ein astreiner Scrambler ist die Yamaha Sr 125 nun wirklich nicht geworden. Was jetzt weniger am zu klein geratenem Motor liegt. Vielmehr etwas am Mann mit dem grauen Kittel. Genauer der folgender Formulierung.
„Am Rahmen schweißen wir nicht!“
Dekra-Prüfer
So der O-Ton des Prüfers. Der Monk in mir trieb mich, bereits im Vorfeld, alles haarklein mit ihm zu besprechen.
Im Grunde genommen wäre sicher auch die (eigentlich verbotene) Schweißerei am Rahmen machbar. Es braucht einen zugelassenen Schweißer und die Abstimmung mit einem Prüfer, der geneigt ist, den Weg zu begleiten … Das war mir dann doch etwas zu viel vom Guten.
Ist also kein reiner Scrambler geworden.
Denn der klassische Scrambler hat eine gerade, nahezu parallele Linie. Sprich Tank und Sitzbank verlaufen ziemlich parallel zur Fahrbahn. Das war, ohne eben diese Schweißarbeiten am Rahmen, unter der Sitzbank nicht zu machen. Die aktuelle Sitzbank hat dafür auch zu viel Kurve. Die sollte eigentlich eher nach einem Brett aussehen.
Weiter müsste der Auspuff auch noch hoch, mehr Enduro-Feeling also.
Meine Kompromisse beim aktuellen und ersten Umbau. So handelt es sich vielleicht eher um „RestoMod“.
Gleich vorab – alles mit dem Segen der Dekra. Sprich mit TÜV-Plakette und entsprechenden Eintragungen. Der KFZ-Schein kommt nun mit zwei Seiten (mein MLT übrigens mit vier). Und das im ersten Anlauf. Yes!
Was Leichtes für den Weg zur Eisdiele eben.
Flipflops statt schwerster Ausrüstung.
Die Vorbereitungen zum Umbau.
Recherche! Gott, was hab ich mir, schier endlose, Gesetzestexte rein geholfen. Ist das wirklich nur in Deutschland so? Allein der Unterschied bei der Homologation.
Ist das Maschinchen nach STVO bzw. nach EU-Recht zugelassen?
Über was darf, was darf nicht. Was muss eingetragen werden, was nicht.
Ein schnelles Beispiel für das echt pedantische Wirrwarr.
Die Blinker – Abstand vorne/hinten: nach EG 240/180 mm, nach StVZO 340/240 mm.
Quelle: https://www.dekra.de/de/lichttechnik/#accordion_Blinker:%20Sichtbar?%20Wunderbar.
Versuche das mal einem Amerikaner zu erklären. Der kommt vor Lachen nicht in den Schlaf. Das Ganze erinnert auch etwas an den Krieg beim Ausfüllen einer deutschen Steuererklärung.
Ist so. Punkt. Aber eben auch, dass ich die ganze Schmiere inhalieren musste, um regelkonform zu bleiben. Alles andere führt zum Verlust der ABE (Allgemeine Betriebserlaubnis). Damit auch zum Verlust des Versicherungsschutzes. Der Spießer in mir mag schließlich beides.
Suche nach passenden Teilen.
Das hat wohl am längsten gebraucht. Welches Teil bestelle ich wo? Wird es den Segen vom Prüfer bekommen, sprich liegt es in entsprechenden Normen. Vielleicht teile ich weiter unten die entsprechenden Links.
Der eigentliche Umbau – Yamaha Sr 125 custom.
Des „Schöpfers“ freier Lauf. Oder der Spinner im Element. Genau genommen die wohl coolste Phase am Projekt. Probieren, Bierchen, Fachtalk mit Petrolheads … Hinbauen, Zurückbauen. Fluchen & freuen.
Phase eins.
- Lenker runter, neuer drauf
- Tank von der Yamaha Sr 250 Probe legen
- Sitzbänke (Chinakracher) checken (hatte dafür fünf solcher Billodinger geordert)
Der Look geht so grob schon mal in die richtige Richtung. Perfekt!
Phase zwei.
- Schutzblech vorn kürzen
- Schutzblech hinten anpassen
- Pseudoloop für das Heck fertigen
- Seitendeckel fertigen
- Adapter für den Tank fertigen (Vorn passt er in die originalen Aufnahmen, hinten musste die Aufnahme etwas verlängert werden.)
- Adapter für Sitzbank fertigen
- Blinkerhalterungen fertigen
- Hupe versetzen
- Lampe vorn – Halterung fertigen
- Elektrik anpassen (Ewige Fummelei – ab Werk sitzt der ganze Kram in der höllisch großen Leuchte der Yamaha Sr 125.)
- Halterung für den neuen Minitacho fertigen
- Rahmen um ein paar überflüssige Halterungen erleichtern
- Tank, Fender in die Dusche schicken
- alle Halterungen, Adapter, Seitenbleche und der hintere Fender pulvern
- derweil die Pellen umziehen
- nun, sicher zum dritten Mal, alles zusammen bauen
Finish.
- Probefahrt mit folgenden Ergebnissen:
-Der Tacho jammert etwas und die Pellen schütteln leicht.
Punkt eins konnte mit etwas Gummi nachjustiert werden, Punkt zwei ist den Billo-Pneus geschuldet. Wenn auch gewuchtet. Geht halt nicht alles. Entweder Optik oder eben bestes Laufverhalten. Und. Wir sprechen hier über eine marginale Vibration, da fällt keiner von der Maschine. Mit etwas Zeit und Nerv geh‘ ich dann noch mal ran.
Das war’s aber. Alles andere passte. - Dekra’s Segen einholen – wie oben schon geschrieben, ohne Anlauf …
Der Umbau in Bildern.
… der wohl schönste Zwischenstand ↑.
Sorry für die Bildqualität.
Das iPhone lag halt immer daneben.
Yamaha Sr 125 Scrambler – erste Erkenntnisse.
Sonnenbrille, Flipflops, Eisdiele – genau die Heimat für den Cityflitzer. Der auch im Gelände groovt. Hier allerdings weniger bodenständig, dafür mit mehr Gas/Kupplung. Was natürlich dazu führte, dass ich die Kupplung schon mal neu gemacht werden musste. Aber… Das kostet keine Welten und war in zwei Stunden erledigt. Gleich mit Öl-/Ölfilter-, Luftfilter- und Kerzentausch.
Ansonsten Tipitopi!
Freue mich auf Sr zwei Punkt null. Dann mit 20, statt aktuell 12 Ps. Vor allem aber mit doppelt so viel Hubraum.
Ja – die Sr 250 steht schon auf der „Schlachtbank“.
Ok, da kann man ganz sicher noch viel dran machen.
Genau genommen ist solch ein Projekt ja nie fertig. Aus der „Kalten“ hätte ich gern noch schwarze Naben/Felgen/Speichen. Hinten 17 Zoll und vorn eine etwas breitere 18 Zoll Felge. Vorn einen einfacheren Blechfender. Vielleicht noch Motor/Vergaser in Schwarz. Tank in Creme-Weiß sieht sie sicher noch retroesker aus. Wie auch die Sitzbank neu beledert wertiger erscheinen könnte.
Aber irgendwann ist genug auch genug.
Aktuell hat die Sr noch neue Seitenbleche bekommen, die ganz oben im Bild verbauten, waren mir zu kastig.
Und. Aktuell stecke ich die übrige Energie lieber in das nächste Projekt. Wie oben schon geschrieben, wieder eine Yamaha. Dieses Mal eine vierzig Jahre alte Yamaha Sr 250. Leider ganz ohne dem Kult der Yamaha Sr 500 oder Sr 400. Die wären mir, ehrlich gesagt, auch lieber. Aber. Die sind zu lang und noch dazu viel zu schwer für die Hymer-Wohnmobil-Garage. Weiter mag ich, im Gelände, auch das Feeling der Leichtgewichte.
Tip für den Transport in der Wohnmobil-Garage.
Der Oldtimer stinkt gern mal nach Benzin. Ein Ventilator, der den Gestank abzieht, wäre sicher schnell in der Garage verbaut.
Wirkungsvoller ist es jedoch, den Vergaser vor der Verladung leer zu fahren. Dazu könnt ihr noch das Gebläse der Truma laufen lassen. Das erzeugt einen gewissen Überdruck in der Kabine, damit bleibt auch der Gestank drauzzen.
Hier noch schnell die originale Basis – eine Yamaha Sr 125, Baujahr 2003, 900 km…
Augen zu und durch!
PPs. Noch mehr Inspiration gibt es hier – Wheels & Waves, Biarritz, Frankreich!
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